Diese Seite versorgt Euch mit kritischen Kommentaren zu aktuellen CD Neuerscheinungen.
die TuneSpy CD-Reviews

Amazon.de MP3-Downloads


Samstag, 20. September 2008

Everlast - Love,War,and the Ghost of Whitey Ford

Unsere Wertung: *****

Love,War,and the Ghost of Whitey Ford

Groß geworden im Umfeld von Ice-T, wurde Erik Schrody alias Everlast als Frontmann der prolligen, bierseligen HipHop-Party-Band House Of Pain zum Star. Das ist Geschichte, wenn der mit viel Edelmetall überhäufte Grammy-Gewinner in die Rolle des Whitey Ford schlüpft, dann hat der Kriegsgegner auch auf Love, War And The Ghost Of Whitey Ford ein Ohr für die taumelnde amerikanische Mittelschicht, den White Trash und zeigt kein Verständnis für verlogene Politiker. Möchte am liebsten einen „Stone In My Hand“ nehmen ob all des politischen Unfugs, der einen nur noch wütend machen kann. Doch wo Hass herrscht, muss es auch Liebe in all seinen Formen geben, und so zeigt sich Everlast von einer liebeskranken, melancholischen Seite, die bereit ist, zu verletzen und auch verletzlich ist. Passend dazu ist Love, War And The Ghost Of Whitey Ford einmal mehr ein musikalischer Tuschkasten, der von Rock-Rap über Soul, Blues bis zu akustischem Folk reicht. Ein wenig erinnert das an die Schubladenverweigerung eines Michael Franti, an dessen Fähigkeit, komplexe Zusammenhängen und gesellschaftliche Strömungen in klar verständlichen Worten darzustellen. Bleibt noch ein Song zwischen den stampfenden Beats und kargen Balladen, zwischen Pomp und Askese: „Folsom Prison Blues“, die Coverversion des Klassikers von Johnny Cash. Everlast baut den Song mit Hilfe von DJ Muggs (Cypress Hill) komplett um, schiebt tragende Teile des Superhits „Jump Around“ von House Of Pain ein und wird sich für diesen diskussionswürdigen, musikalischen Todesmut bestimmt so manche Klatsche einfangen. Ein Erfolg wird das Lied trotzdem.

Kaufen bei Amazon

Mogwai - The Hawk Is Howling

Unsere Wertung: ****

The Hawk Is Howling

Du musst das hier nicht lesen. Es ist völlig überflüssig. Es gibt keine Texte auf "The Hawk Is Howling". Sämtliche Durchschlagskraft, die Strukturen und die verschiedenen Stimmungen - alles kommt aus den Instrumenten. Mogwai malen Klangbilder, Worte sind überflüssig. Selbst wenn die Gruppe aus Glasgow wie in der Vergangenheit ein paar Lyrics auf ihren letzten Werken zwischen die Instrumental-Stücke schob, so blieben sie doch vernuschelt, nicht zu identifizieren.

All das macht es so verdammt schwer über diese Fußballfans und Bierliebhaber zu schreiben. Alles findet in den Hörgängen des Betrachters statt. Wo der eine Traurigkeit vermutet, kommt der andere nicht aus dem Lachen heraus. Ist deine Nachdenklichkeit nicht meine Unbekümmertheit? Verbirgt sich hinter Drohkulissen in Wirklichkeit nicht große Sehnsucht nach Ruhe? Muss man Musik immer analysieren, sezieren und interpretieren, man tanzt ja auch nicht zu Architektur und Poesie. Überall überfallen einen Worte, aus jedem Coffee Shop, jedem Kaufhaus und Klamottenladen plärrt es, Menschen brüllen einem ihre Lebensgeschichte oder unfassbaren Nonsense via Handy entgegen. Man möchte am liebsten laut "Haltet doch mal alle das Maul" schreien, um diese Silben-Sintflut, diese Mixtur aus Lügen, Lebensanweisungen, Litanei und Laberei zu stoppen. Wo bleibt die Sehnsucht nach Stille. Die Neugierde, seine eigenen Gefühle zu entdecken und sei es, sie durch die Musik dieser Gruppe aus Glasgow frei schälen zu lassen. Dazu muss jeder einzelne der zehn Tracks sorgfältig ausgepackt werden, eine Anleitung wird nicht beigelegt. Eher locken einen die fünf Männer auf falsche Fährten. Warum geben Mogwai dem Opener "I'm Jim Morrison, I'm Dead" einen solch verwirrenden Titel? Dabei ist das Stück die Stille vor dem Sturm namens "Batcat", dessen furiosen Sounds auch auf die Alben "Ten Rapid" oder "Young Team" gepasst hätten. Es ist der Sound zu ihrer Stadt Glasgow, Mogwais Jagdgründe. Hier finden die fünf Hauptmitglieder Barry Burns, Stuart Braithwaite, Dominic Aitchison, Martin Bulloch und John Cummings zwischen all den schönen Plätzen, Frakturen und offenen Wunden Inspiration, hier erzählen Nächte mit zerplatzten Hoffnungen, Kämpfen, ex- und implodierender Liebe, Romantik und Rabaukentum ihre Geschichten. Mal werden sie dann mit zartem Strich wie in "Local Authority" (schon wieder so ein komischer Titel) aufs Notenblatt geschrieben, mal als kompakter Rock-Brocken wie im famosen "The Sun Smells Too Loud" herausgeschleudert. Waren Mogwai jemals dichter am Song, jemals so upbeat wie hier? Fast ein Gegenentwurf zu all den chilligen Klängen, Träumereien in "Kings Meadow" oder "Thank You Space Expert". "I Love You, I'm Going To Blow Your School" hätte auch dazu gepasst, gen Finale fliegt einem dann aber das Klang-Gebäude doch um die Ohren. 11 Jahre nach ihrem ersten Album "Young Team" klingen Mogwai immer noch nach Zukunft, und immer sind sie noch die coolste Band in der Stadt.

Kaufen bei Amazon

Kings Of Leon - Only By the Night

Unsere Wertung: ****

Only By the Night

Zwiegespalten, so war mein Eindruck nach den ersten Durchläufen.
Das Album beginnt großartig mit dem Song 'Closer', der den Hörer erst einmal zweifeln lässt, ob wirklich die Kings of Leon aus den Boxen kommen. Ein völlig neuer Sound, der aber sofort sympathisch daherkommt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Mit dem Freedownload 'Crawl' und der ersten Single 'Sex on Fire' folgen die rockigsten Songs, welche vor allem live richtig gut kommen müssen/werden. 'Use somebody' erzeugt die typische Atmosphäre, die ruhigere Kings of Leon Stücke an sich haben; sie sind einfach zum Genießen. Doch bei Manhattan stellt sich bei mir erste Langeweile ein. Hoffentlich ändert sich das noch nach mehrmaligem Hören, wie es der andere Rezensent meint. Auch bei 'Revelry' passiert mir zu wenig, der Song ist zu vorhersehbar und plätschert vor sich dahin. '17' wär toll, wenn nicht dieses nervige Glockenläuten wäre. Auch bei 'Notion' stellt sich Langeweile ein. Dafür wird man aus dieser grandios mit 'I want you' herausgezogen. Mit der groovigste Song von KoL. Mit 'Be somebody' als Knaller hätte die Platte aufhören sollen, denn 'Cold Desert' hat nichts an sich.

Während es von ersten Album 'Youth and young Manhood'auf ganz hohem Niveau immer höher zum Musikolymp 'Because of the Times' ging, leisten sich mit 'Only by the Night' KoL erste Talfahrten. Dennoch vier Sterne, weil Closer, Crawl, Sex on Fire, Use und Be Somebody sowie I want you fast alles wieder rausreißen.

Kaufen bei Amazon

Freitag, 19. September 2008

Okkervil River - The Stand Ins

Unsere Wertung: *****

The Stand Ins

Es gab mal eine Zeit, da war die 7“-Single der Star. Auf der A-Seite fand sich der Hit, die B-Seite konnte zumeist vernachlässigt werden. Irgendwann wurden die kleinen von den großen, schwarzen Vinyl-Platten in der Käufergunst abgelöst. Manchmal gab es nur 30 Minuten an Musik, niemand beklagte sich, und nicht wenige Klassiker der Pop-Kultur haben die Länge einer Maxi-CD. Doppel-LPs waren übrigens recht selten. Und heute? Ist jede CD aufgrund ihrer digitalen Speicherkapazität proppevoll, obwohl es erwiesen ist, das noch kaum jemand einen ganzen Silberling durchhört. Was für eine Verschwendung an Zeit, sich auf der Suche nach erfreulichem oft durch akustischen Müll quälen zu müssen. Andererseits: Was für eine Verschwendung, wenn es sich um wirklich gute Songs handelt, die im Archiv oder Eimer verschwinden. Müssen sich auch Okkervil River gedacht haben, als sie 2007 ihren emotionalen, hochgelobten Befreiungsschlag The Stage Names veröffentlichten. Die Session verlief so fruchtbar, dass eine Fülle an Songs übrig blieb, die nicht nur den Rahmen gesprengt hätten, sondern auch nicht ganz einfach zu integrieren waren. So manche Band tut sich schwerer bei der Songauswahl und Festlegung der Reihenfolge, denn beim Komponieren. Okkervil River machen nun das einzig Richtige, sie schieben mit The Stand Ins einfach den zweiten Teil zeitversetzt nach. Nun kann im Plattenregal zusammen stehen, was zusammen gehört, denn dieses Album schließt sich nahtlos und ohne Qualitätsverlust The Stage Names an. Alles ist wieder da, ein paar Herzschmerzmomente, jubilierender Pop, wunderschöne Psychedelik-Momente, Verneigungen an die Talking Heads oder Dexys Midnight Runners. Wer es ausführlich will, liest einfach den Text zu The Stage Names nach, tauscht die Songtitel aus und hat The Stand Ins. Ein richtig gutes Album übrigens, dessen morbides Cover nicht so recht passen will.

Kaufen bei Amazon

The Streets - Everything Is Borrowed

Unsere Wertung: *****

Everything Is Borrowed

Mike Skinner ist wieder da. Mitgebracht hat er eine Platte voller Überraschungen und kreativen Songs die die Charts von hinten aufrollen werden oder sich direkt auf die Spitzenposition setzen werden.

Bereits der Titeltrack beweist einen leichten Hang zur Melancholie. Der Song geht direkt unter die Haut. Genauso wie "Heaven For The Weather" mitsamt Streichern, Klavier, Chorgesang und dem gute-Laune Touch der Gorillaz. "On The Flip Of A Coin" klingt schon fast nach einer Mixtur aus Folk und Rap. Sehr gut gelungen, wie auch die an die Jacksons erinnernde Nummer "On The Edge Of A Cliff". Ein letztes musikalisches Highlight ist "The Escapist" mit dem besonderen Soul-Touch. Der Rest der Platte besteht aus weiteren mehr als durchschnittlichen Nummern. Mike Skinner beweist einmal mehr sein großes Gespür für tolle Arrangements und Melodien.

Eine Platte kurz vorm Meisterwerk. Hoffentlich nicht zum letzten mal.

Kaufen bei Amazon

TV on the Radio - Dear Science

Unsere Wertung: *****

Dear Science

Was für ein Meisterwerk! Manchmal groovt es wie Prince in seinen besten Zeiten, dann blitzt die Genialiät eines Michael Jackson in der Thriller-Aera auf und später rockt es doch noch wie Velvet Underground ganz früher. Mehr Musikalität war nie! Dabei wusste das Quintett aus New York schon immer mit vielfältigen Sounds und von Jazz über Soul bis Rock changierenden Stilen den Musikfan zu entzücken, doch nun gehen sie einen Riesenschritt weiter in Richtung Popmusik; zwar bleibt das Material vielschichtig, aber auch immer transparent. Da bleibt es auch nicht aus, dass sich eine Beinahe-Ballade zwischen die unwiderstehlich treibenden Beats der potentiellen Tanzflachenfüller einschleicht. Kaufen!!!

Kaufen bei Amazon

Sonic Syndicate - Love and Other Disasters

Unsere Wertung: ****

Love and Other Disasters

Sonic Syndicate gehören wohl zu einen der talentiertesten Newcomern der modernen Metal-Szene und entkräften mit Love And Other Disasters endgültig alle Hype-Vorwürfe.

Dass die Schweden in einem europaweiten Talentwettbewerb entdeckt und danach konsequent von ihrer Plattenfirma gefördert wurden, brachte ihnen im Underground nicht nur Freunde ein, und ihr betont zeitgemäßer Stilmix aus In Flames, Children Of Bodom und melodischem Metalcore machte es für die Jungs und das Mädel auch nicht leichter, sich in der Kernszene durchzusetzen. Ihr drittes Album Love And Other Disasters präsentiert aber eine ideenreiche, energiegeladene und bestens aufeinander eingespielte Band, die jenseits aller Trend-Vorwürfe gutklassige Songs aufgenommen hat. Die Kompositionen sind eingängig, aber nie schwachbrüstig, die musikalischen Querverweise nach wie vor erkennbar, aber niemals zu offensichtlich, die Arrangements erreichen höheres internationales Niveau. Sonic Syndicate haben sich endgültig ihre eigene Nische erobert und zu den Großen im massentauglichen Death-Metal/Metalcore-Bereich aufgeschlossen.

Ein Desaster ist diese Scheibe ganz sicher nicht!

Kaufen bei Amazon

Donnerstag, 18. September 2008

New Kids on the Block - The Block

Unsere Wertung: *

The Block

Nun wagt die Mutter aller Boybands ein Comeback und erlebt eine Bauchlandung ohnegleichen - die New Kids On The Block. Selbst Schuld!

Die Jungs verkünden, das sie Duette mit New Edition, Akon, den Pussycat Dolls und Mit Ne-Yo eingesungen haben. Außerdem klingt es sehr modern, also R'n'B-orientiert- einfach weil man ja mit der Zeit gehen muss.

Doch genau da liegt das Problem: Fünf gesetzte Familienväter, die sich von Top-Produzenten der Marke Timbaland ultramoderne Beats auf den Leib schneidern lassen? Das kann nur in die Hose gehen - und tut es auch. Zum einen, weil die Texte über One Night Stands, heiße Club-Nächte und das ewige lockende Baby-Girl in etwa so glaubwürdig sind, wie die Preispolitik unserer Energie-Versorger.
Zum anderen, weil der Einheitsbrei aus Disco, R'n'B und getragenen Balladen einfach aalglatt wirkt. Eben 08/15-Mucke mit nervigen, ideenlosen Arrangements und ohne jede künstlerische Identität. Mit "The Block" verzocken sie, den Stellenwert als Pioniere und ihre Glaubwürdigkeit ganz!!!
Ein Trauerspiel - auf ganzer Linie.

(Ja nicht)Kaufen bei Amazon

The Rascals - Rascalize

Unsere Wertung: ****

Rascalize

Sich mit einer Sideproject-Veröffentlichung den Weg zum eigenen Debut zu ebnen erwies sich für Miles Kane nicht nur als clevere, sondern zudem als extrem erfolgreiche Idee. Arctic-Monkeys-Frontmann Alex Turner hatte sich Jugendfreund Kane an die Seite geholt, und zusammen legten sie als "The Last Shadow Puppets" ein Album vor, das zu Recht als eines der Indie-Highlights des Jahres bezeichnet werden muss. Nun schiebt Kane zusammen mit Joe Edwards und Greg Mighall "Rascalize" nach.

Ums vorweg zu nehmen, die drei Liverpooler klingen nicht wie die Arctic Monkeys! Zu düster, zu psychedelisch, teilweise sperrig und weniger tanzbar kommen die Rascals daher. Eine eher dunkle, raue, gitarrenlastige Grundstimmung zieht sich durch das Album und lässt einen dann schon eher an die "Puppets" erinnern, allerdings ohne opulent arrangierte Orchester und Chöre. Also nichts fürs Konzerthaus, sondern eher für die heimische Garage.

Wenn auch an einigen Stellen vielleicht noch etwas überambitioniert, klingt die Platte frisch und unverbraucht und für ein Debut beeindruckend reif. Umso bewundernswerter, wenn man das Alter der Protagonisten beachtet. Stockings To Suit, Freakbeat Phantom, How Do I End This und besonders Out Of Dreams, das bei einigen schon lange als EP im Recorder kreiselte und die Vorfreude auf den ersten Longplayer schürte, sind ohne Zweifel fantastische Songs geworden. Man darf, nein man muss auf das zweite Werk des Trios einfach gespannt sein.

Kaufen bei Amazon