Diese Seite versorgt Euch mit kritischen Kommentaren zu aktuellen CD Neuerscheinungen.
die TuneSpy CD-Reviews

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Freitag, 7. März 2008

Why? - Alopecia

Unsere Wertung: ****



"Alopecia" nennt sich das fantastische dritte Album von Why?, dem psychedelischen, Folk-Pop-Kollektiv aus Oakland, Kalifornien. Mastermind Yoni Wolf - seines Zeichens Mitbegründer des experimentellen Labelkollektivs Anticon und Mitglied von cLOUDDEAD - und seine Bandkollegen stellen die bis dato kritischste und zugleich schlüssigste Veröffentlichung vor. "Alopecia" ist eine Sammlung harter Reime, die Yoni Wolf mit einem unbeugsamen Lächeln vorträgt: kleine, wirklich eigensinnige Weisheiten über die Höhen und Tiefen des Alltags, von der Band in die dazu passende versponnene, dunkle und expressive Musik gebracht. Für die Aufnahmen hat sich das Trio mit Andrew Broder und Mark Erickson von den Art-Rock-Pionieren Fog zwei weitere Mitstreiter ins Boot geholt. Von hymnischen Single-Track "The Hollows" bis zum trockenen Rapsong "By Torpedo or Crohn's" sprengt die Band immer wieder die Grenzen ihres Sounds, um extrem virtuos mit Stimmungen und Texturen zu spielen.

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Adele - 19

Unsere Wertung: ****



Die Briten jubeln, schon wieder. Aber diesmal nicht über die nächsten seitengescheitelten Teenierslacker. Denn Adele, deren Debüt "19" gleich steil auf eins ging, hat mit Britpop nichts am Hut. Sicher ebnete Amy Winehouse ihr den Weg, und auch der Siegeszug von Weichspülerin Katie Melua dürfte dazu beigetragen haben, dass die sonst so gitarrengeilen Briten sich auf Adeles Mischung aus Retrosoul, Jazz, Pop, Blues und R'n'B einlassen. Es lohnt sich. Denn wer das trotz seiner Gesangshöhen nicht unbedingt Hochgefühle auslösende "Daydreamer" hinter sich lässt, entdeckt bald die Tiefe der Songs und Adeles außergewöhnliche Stimme. Feist, Norah Jones und Amy Winehouse müssen sich zwar vielleicht nicht sofort warm anziehen, aber ein bisschen beiseite rücken für diese eindrucksvolle Newcomerin sollten sie schon.

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Billy Bragg - Mr. Love and Justice

Unsere Wertung: ****

Billy Bragg kann viele Geschichten erzählen, lustige, politische, aufrüttelnde, mahnende. Manchmal sind sie totlustig, real, fiktiv oder imaginär, manchmal einfach nur rührend. Eine besondere Zufallsgeschichte addierte sich während der Entstehung von Mr. Love & Justice, dem Nachfolger von England, Half English nach langen sechs Jahre, dazu: Bragg, der im Dezember 2007 ein halbes Jahrhundert alt wurde, nutzt eine Pause zwischen den Aufnahmen und traf beim Einkaufen in der kleinen Stadt Louth Robert Wyatt. Gemeinsam organisierten sie den auf der Liste stehenden Rhabarber und gingen dann ins Studio. So ist Wyatt als Sänger gleich auf dem Eröffnungsstück „I Keep Faith“ zu hören, ein Höhepunkt, auf dem sehr respektablen Mr. Love & Justice, dessen Deluxe Edition jeden Cent mehr wert ist. Enthält es doch zwei Versionen der Platte. Die eine entstand mit seiner Band den Blokes und wandelt auf sicheren Pfaden zwischen Folk, punkigem Pub-Rock und etwas Blues & Soul. Dazu gibt es alle Songs noch einmal, diesmal von Bragg solo, nur mit Gitarre und manchmal A cappella eingespielt, was einen stark an den jungen Billy als Protestsänger erinnert. Mit Ausnahme, dass der Brite sich das Recht nimmt, nicht nur gegen Missstände zu wettern. So nimmt sich der wohl auf alle Ewigkeiten als politisch superkorrekt stigmatisierte Musiker auch mal die Zeit, das eigene Innenleben nach außen zu kehren. Wer mag es ihm verdenken.

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Adam Green - Sixes & Sevens/Limited Edition

Unsere Wertung: ****



Mit seiner Regel, jedes Jahr eine Platte zu veröffentlichen, hat er zwar gebrochen, doch so richtig vermisst hat man den New Yorker auch nach zwei Jahren Pause nicht. Spätestens wenn man seinen fünften Streich hört, freut man sich aber doch über seine Rückkehr - selbst wenn er im Vergleich zum Vorgänger kaum etwas verändert: Mal croont er, dann rockt er. Dabei hangelt Green sich von vernuscheltem Indiepop über Motown bis zum Song "Tropical Island", der perfekt zu einem Werbespot für weißen Rum passen würde. Neben seiner etablierten Band, Streichern und Gospelsängern war diesmal auch Freundin Loribeth Capella als Duettpartnerin dabei. Wesentlich aufregender als die routiniert gute Soloplatte sind jedoch die Gerüchte um ein neues Album der Moldy Peaches. Weil auf dem Soundtrack des Kinofilms "Juno" ein Song der Band vertreten ist, spielten Green und Expartnerin Kimya Dawson ein gemeinsames Konzert bei der Filmpremiere in Los Angeles. Auf dieses Comebackalbum warten wir auch gerne weniger als ein Jahr.



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Mittwoch, 5. März 2008

Atrocity - Werk 80 II

Unsere Wertung: ****



"Die 80er Jahre sind zurück, härter denn je!" - so lautet das Motto der neuen Atrocity-Hitsammlung Werk 80 II. Wie schon auf dem umjubelten Vorgänger haben die deutschen Extemmetalpioniere nur das allerbeste aus den goldenen 80ern ausgewählt, und die Stücke in ein hartmetallenes Gewand gesteckt. Egal, ob unsterbliche Klassiker wie "Relax", "Don't you forget about me" oder "The Sun Always Shines on TV" und "Fade to Grey"- ATROCITY schaffen es, jedem Song ein ganz eigene Note zu geben und das Feeling von damals mit der Härte der Moderne zu verbinden. Ein Album, das zweifelsohne für volle Tanzflächen sorgen wird.

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Brisa Roche - Takes

Unsere Wertung: ****



Die sieht ja aus wie die kleine Schwester von ... - ach bitte, keine Björk-Vergleiche, auch wenn nicht nur der Look, sondern auch Brisa Rochés Gekiekse hie und da an die eigenwillige Isländerin erinnert. Doch musikalisch hält sich die Amerikanerin in Paris eher in indie- und folkorientierten Bereichen des Pop auf. Dass ihre Eltern kalifornische Hippies waren, scheint genauso durch wie die Tatsache, dass diese Zeiten vorbei sind. Roché mischt Harmonien, zu denen The Mamas And The Papas mit geschlossenen Augen barfuß tanzten, mit hellwacher Modernität. Im grandiosen "Whistle" schaut Dylans "Tambourine Man" vorbei, hat seit den 60ern aber einige Schrammen abbekommen, und die Wehmut hakt sich bei der Fröhlichkeit unter. Brisa Rochés zweites Album verbeugt sich vor der Vergangenheit, vermeidet aber jenen Kniefall, bei dem sich schon viele ihre Eigenheiten abgeschürft haben. Und das Gejammer, früher sei alles besser gewesen, gibt es von dieser Songwriterin erst recht nicht.


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Mark Ronson ft. Amy Winehouse - Valerie

Dienstag, 4. März 2008

Correcto - Correcto

Unsere Wertung: ****



Ein guter Popsong muss nicht länger als zweieinhalb Minuten sein. Das wussten schon die Meister der 150-Sekunden-Euphorie wie die Buzzcocks, The Kinks und The Who. Und das wissen auch Correcto. Bereits mit der ersten Single "Joni" gelang dem Quartett aus Glasgow eine Liebeserklärung an das kurze, große Popglück. Melodiös und mit unwiderstehlichem Charme bringt die Indie-Supergroup um Sänger Danny Saunders, Künstler Richard Wright, Patrick Doyle (The Royal We) und Paul Thomson (Franz Ferdinand) ihren ansteckenden Postpunk-Pop unters Volk.

Die zwölf Songs vom selbst betitelten Debütalbum brillieren durch ihre Direktheit und Zwanglosigkeit, aber auch durch ihre augenzwinkernde Verspieltheit im Umgang mit Texten und musikalischen Zitaten.

Neben "Joni" und der zweiten Single "Do It Better" - einer nicht minder mitreißenden Zweieinhalb-Minuten-Hymne - finden sich auf dem Album weitere Sing-a-longs im 60s-Sound. Songs wie "Save Your Sorrow" und "Even Though" zeigen indes die sanftere Seite der Band.



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The Mae-Shi - Hlllyh

Unsere Wertung: ****



Streichhölzer zwischen die Augenlider und durch: The Mae Shi aus Los Angeles (irgendwo aus dem Dunstkreis verdienter Quertreiber wie Xiu Xiu und Deerhoof erwacht) drehen auf. Lofi-Orgien auf Keyboards, die bei Ebay sonst keiner haben wollte, wechseln sich ab mit Hardcore-Gehacke, Weirdo-Gesabbel und notorisch überdehnten Kopfstimmen, gegen die Architecture in Helsinki wie Barry White grunzen. Lustig: Songs folgen der Metal-Nomenklatura ("Run To Your Grave", "Lamb and Lion"), aber sind ja gar kein Metal.

Zum trotzdem Überlegen: Ein Chor grölt "I want almost everything and I get almost anything I wanted", da kann sich jeder ja seine eigene Wohlstandstautologie dazudenken. Synthies hupen die Apokalypse in der 12-minütigen Minimal-Suite "Kingdom Come". Und irgendwann erklärt sich der Albumtitel "HLLLYH" ganz von alleine: So dürfte sich der Brunftschrei eines Teletubbies mit Borderline-Syndrom anhören. Der Soundtrack der digitalen Bulimie.



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Danko Jones - Never Too Loud

Unsere Wertung: **



Dass die Jungs was drauf haben ist ja besonders auf "Born a Lion" und "We sweat Blood" zu hören. Das letzte Album "Sleep is the Enemy" war zwar in Sachen Songwriting ausgeprägter als seine Vorgänger und rockte auch hier und da, aber insgesamt ließ der Sound schon erste Befürchtungen aufkommen, dass die Band sich in die falsche Richtung zu bewegen droht.
Was sich auf "Sleep is the Enemy" bereits angedeutet hat, geht auf der aktuellen Scheibe weiter seinen Weg: weniger "Herzschmerz-aber-dicke-Eier-Rock", mehr "Vielleicht-klappts-ja-auf-dem-College-Rock" - bloß diesmal klingt es kaum noch nach Danko Jones, sondern eher wie eine Mischung aus Silverchair, Deftones und Wheatus.

Fazit: Ich will meinen alten Danko wiederhaben!

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Sonntag, 2. März 2008