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Freitag, 29. Juli 2011

Cashier No.9 - To the Death of Fun

Unsere Wertung: *****
To the Death of Fun

Unglaublich schöner eingängiger Gitarrenpop mit wunderbaren Melodien wie ein locker luftiges Sahnehäubchen auf einen feinschmeckenden und zuckersüßen Lieblingspudding. Lecker lecker.
Cashier No.9 sind erfinderisch, frisch und ganz anders als alles, was man sonst so momentan hört.
Irgendwie klingts nach The Byrds oder Beach Boys, aber doch
irgendwie nach etwa ganz eigenen.

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Incubus - If Not Now,When?

Unsere Wertung: ****
If Not Now,When?

Going soft!

Man kann sich viele der ersten Feedbacks schon ausmalen, 'Fortsetzung eines langjährigen Trends nach unten', wird es heissen. 'Incubus bringen zum x-ten Mal seit S.C.I.E.N.C.E. ein Album heraus, das schwächer ist als das vorherige', wird es heissen. U2 und Coldplay Vergleiche wird es geben, Verweise auf das Altern der Band.

Nach den ersten dutzend Hördurchlaufen kann ich mich diesen Einschätzungen auch nicht so ganz entziehen, einerseits etwas enttäuscht, aber dann doch eher wieder eingenommen, von den Lyrics, der musikalischen Finesse und Freiheit, die sich eine meiner Lieblingsband mal wieder herausnimmt.

Zu den Highlights und damit auch den Anspieltipps: Der beste Song ist SWITCH BLADE, schnell und kantig. Eine schöne Melodie, wird unterbrochen von hart gesprochenen Passagen, das Schlagzeug peitscht ganz alte Incubus voran. Ansonsten siedelt Incubus sich mit ,If not now, when` aber hauptsächlich im Midtempo und Balladenbereich an. THIEVES bspw., hätte als Ballade auch auf den Vorgängeralben funktioniert, textlich wird Incubus hier sehr sozialkritisch. Oder DEFIANCE, ein weiteres Highlight, sehr organisch, die Gitarren bleiben akustisch und unplugged, erinnert sehr an Led Zeplin, was ja keine schlechte Referenz ist, auch wenn die Vocals eher punkmässig rüberkommen. IN THE COMPANY OF WOLVES zitiert mit Pink Floydauch wieder eine altvordere Band. PROMISES, PROMISES steigert die Schlagzahl wieder etwas, wird aber nicht von der Gitarre sondern vom Piano vorangetrieben, sehr funky, eine feine Erweiterung des Spektrums. Insgesamt gibt es für meine Ohren aber einige zuviele ruhige Songs, auch wenn ich den ganzen Ansatz nachvollziehen kann. FRIENDS & LOVERS gehört in diese Kategorie, vom Text her spannend, in der Umsetzung etwas zu kitschig.

Ein wenig Hin- und hergerissen, es ist immer noch unverkennbar Incubus: textlich poetisch wie immer und über alle Zweifel erhaben, musikalisch funktioniert diese Platte an lauen Sommernächten oder beim cruisen. Allein, live, kann ich sie mir noch nicht vorstellen, aber da ist die Band ja eh immer für eine Überraschung gut und nicht wirklich an die Studioversionen gebunden.

Liebe Incubus Afficionados, bitte bitte vorher in alle Ruhe hineinhören, es steckt immer noch Incubus drin, aber der Ansatz ist ein anderer, ruhigerer, weniger verspielter, sophisticated.

Ich tat mich anfangs schwer mit diesem neuen Album. Aber mittlerweile gefällt es mir von Tag zu Tag immer besser. Ein gutes Zeiche nfür ein gutes Werk.

comdirect



Donnerstag, 28. Juli 2011

Wiley - 100 Percent Publishing

Unsere Wertung: ****

100 Percent Publishing

100 Prozent Arschtritt-Grime mit ultratrockenem Sequenzerknarz und wohltuend rüder Sound-Skelettierung. Es dauert ziemlich genau acht Sekunden, bis man weiß, dass dieser Wiley des Jahres 2011 wieder sehr ernst zu nehmen ist. Dann hat man das erste Mal die markerschütternde Schepper-Bassline des Openers „Information Age“ in Ohr und Magen. Wiley selbst hatte bis dahin schon alle Zeit der Welt, eine erste Rap-Salve zu starten, unterlegt von einem stoisch-blechernen Beat. Viel mehr passiert dann genau besehen auch nicht mehr – in diesem Track und auf diesem Album. Grime ist ganz offensichtlich kein bisschen tot oder auch nur müde, zumindest, wenn ein Großmeister wie Wiley beschließt, wieder ganz auf die Oldschool-Basics zu setzen. Wiley – „Numbers in Action“ Es ist eine geradezu erfrischende Direktheit, die von den brutal aufs Grundgerüst herunterskelettierten Tracks ausgeht. Ungemein robust erscheinen die, eine Antithese zu den durchgeistigten Soundexkursionen der Post-Dubstep-Generation ebenso wie zum immer noch allgegenwärtigen HipHop-Hochrüstungswahnsinn mit all seiner andauernden Autotune-Versessenheit und den mörderisch teuren Produktionen. Es ist aber auch eine Absage an die reine Bass-Glückseligkeit, denn hier steht vor allem eines im Mittelpunkt: Wileys eindringlich – fast ist man geneigt zu sagen: monoton – hämmernde Stimme und ihre Schnellfeuer-Raps, deren vorzeitige Abnutzung indes durch clever getaktete Response-Chöre oder begleitende Sidekicks verhindert wird. Wiley – „Boom Boom Da Na“ Überhaupt: Es ist keineswegs so, dass innerhalb des streng limitierten Grime-Spektrums keine Feindifferenzierung möglich wäre. Da reicht die Spanne locker von einem trocken pumpenden „Numbers In Action“ zum gleich einen Track weiter verspielt und gutlaunigst daherirrlichternden „Boom Boom Da Na“ mit seinen Atari-Sounds oder vorwitzigen Background-Vocals. „Wise Man And His Words“ erlaubt dann sogar, dass sich eine zarte Pianobegleitung zwischen den massiv knarzenden Basslines durchmogelt. Es ist ein fast schon berückender Moment, der denn auch eine über die nächsten drei, vier Tracks andauernde versöhnlichere Phase einschlägt, die das Tempo drosselt und ein wenig Atemluft verschafft. Hintenraus gibt es dann nochmal hoch konzentrierte Soundarbeit mit messerscharfen Reimen und mächtigem Arschtritt-Potenzial. 100 Prozent überzeugend. Welcome back.

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Yacht - Shangri-la

Unsere Wertung: ****
Shangri-la

Festhalten, anschnallen: Es geht mit Lichtgeschwindigkeit in unbekannte Welten. Mit "Shangri-La" haben sich YACHT in eine kosmische Zukunft katapultiert. Seit 2004 schreiben YACHT aus Portland ihre Songs im Duett und veröffentlichen auf dem experimentellen New Yorker Elektro-Punk-Label DFA. Waren vorangegangene Alben schon durchaus überdreht, so hat sich das Elektro-Chaos-Duo mit "Shangri-La" endgültig ein Space-Shuttle geschaffen. Schon im Opener "Utopia" steckt derart viel zündende Energie, dass der Start in futuristische Gefilde kein Problem darstellt: Der tropische Titel überschlägt sich beinahe selbst. Ein rasender Bass, röhrende Gitarren, Synthies, Fauchen und Zischen bilden eine ungeheuren Vielschichtigkeit an brisant schnellen musikalischen Schichten. Nach dem quirligen Besuch in Utopia, dem Idealbild der Zukunft, landet man schließlich, begrüßt von den Worten "The earth is on fire / We don't have no daughter / Let the motherfucker burn", auf der dunklen Seite der hypothetischen Zukunftsszenarien – in Dystopia. Dumpfe Synthieflächen und ein entschleunigter, puckernder Beat treiben das Stück derart rucklos, dass man zu der Überzeugung gelangen kann, tatsächlich im Weltall angekommen zu sein. Das Gefühl von schwerelosem Umhertreiben wird auch im Folgenden nicht genommen. YACHT - "Utopia / Dystopia (The Earth Is On Fire) "You're one step over the line / you're fine" heißt es schließlich in "One Step", das sich durch spacige Klangeffekte in die galaktischen Welten eingliedert. Wie ein Abzählreim fährt das Stück bis zum zehnten Schritt fort und verrät doch nicht, worin es eigentlich die Linie sieht. Mit "Holy Roller" kommt "Shangri-La" bei seinem ersten echten Ruhepunkt an – echounterlegter Gesang über Fingerschnipsen mit Bass-Schnipseln, für zwei Minuten ist das alles. Mit "Beam Me Up" bringt sich das Album schließlich selbst auf den Punkt: "The future is a poem / cause it doesn't yet exist / we don't know if we reach out / to tentacle or fist" erklärt der Song, bevor in vollen Chören YACHT die dringende Bitte äußern: "Beam me up". In "Shangri-La", einem fiktiven, paradiesgleichen Ort, irgendwo im Himalaya angekommen, findet man nach diesem Trip schließlich den Boden unter den Füßen wieder. Das Stück entspannt mit poppigen Melodien und tanzender Leichtigkeit. Wo vorher Synthies undurchdringlich dichte Klänge erzeugten, stehen nun ganz natürlich ein gemächlich blubbernder Bass und leichte Gitarre, darüber warmer, zweistimmiger Gesang. Nichts ist mehr schrill. YACHT - "Shangri-La" YACHT bewegen sich ausgesprochen eloquent durch die verschiedensten Genres: "Utopia" ist funkig, "Love In The Dark" hat wavigen Charakter. "Tripped & Fell In Love" ist mit einem krautigen Beat unterlegt und glänzt durch minimalistische Düsterkeit. "Shangri-La" schließlich ist ein sanft-beschwingter Pop-Song, in dem elektronische Elemente nur noch verschwindend gering vorhanden sind. Damit entsprechen YACHT ihrer eigenen Wunschkarriere, die niemals in irgendeiner Schublade hängen bleibt. Man kann trotzdem nicht verhehlen, dass sie mit "Shangri-La" auf einem relativ schmalen Grad zwischen genialer Flippigkeit und latenter Nervenbelastung balancieren. Die Stücke sind fast durchgängig überdeutlich präsent, treibend und energiegeladen. Die Stimme von Claire L. Evans zeigt eher wenig Variation und ist sehr durchdringend. Man könnte wohl sagen, dass YACHT einen Hang zur absoluten Übertreibung haben. Allerdings haben sie es mit diesem Album noch geschafft, die Waage zu halten – in der Machart zwischen thematischem Konzept und musikalischer Freiheit, in den Texten zwischen Quatsch und kritischer Botschaft, zwischen Experimentierfreude und persönlichem Stil. Und dabei legen sie soviel Enthusiasmus an den Tag, dass "Shangri-La" einfach mitreißt und erfreut. Nur bei Katerkopfschmerzen und Gereiztheitszuständen sei es eventuell mit Vorsicht zu genießen.

comdirect



Gavin Friday - Catholic

Unsere Wertung: ****
Catholic

Unfassbare 16 Jahre zogen seit der letzten echten Soloplatte "Shaq Tobacco" ins gebeutelte Land, trotz aller Soundtracks, Malereien und Theaterprojekte. Endlich schreibt Irlands Künstlerikone und Bonos 'Best Mate' wieder persönliche, gefühlvolle Songs, die sich von den Auftragsarbeiten der letzten Jahre deutlich unterscheiden.

Schon als Postpunkpionier und Schmerzens(front)mann der Virgin Prunes definierte er bereits Ende der 70er den Gothic neben Joy Division oder Bauhaus und tauft ihn gleich mit etwas Chanson und Brecht/Weill zwischen dem Krach. Dieses Mal hingegen ist die schiere Pein keine jugendliche Künstlerlaune zwischen Aggressivität und Weltschmerz. Die erduldeten Qualen sind leider allesamt echt. Diverse gesundheitliche Probleme, das tragische Scheitern von Gavins langjähriger Ehe und der Tod des eigenen Vaters bilden den ätzend sauren Niederschlag, aus dem diese Platte besteht.

Schon das sinistre Covermotiv verneint schnöde Unterhaltung oder gar Lebensfreude. Fridays Leiche liegt hier im Totenbett von Irlands Symbolfigur Michael Collins.

Die Musik auf dem Album ist alles andere als avantgardistisch zerquält, deprimierend oder schwer hörbar. Im Gegenteil: Im Moment der größten Krise liefert Friday sein mit Abstand gefälligstes Werk ab. Die Platte fließt in einem Strom zeitlos gentlemanhaften Darkpops mit einigen Tupfern Spaß, Groove und Temperament; eine schattenhafte Schönheit zwischen Alp und Traum.

Und bevor man nun glaubt, der irische Urgote sei komplett zum Trauerkloss mutiert, haut er uns noch zwei satte Groovenummern um die Ohren. "Perfume" glänzt als Floor versengendes Erotikpaket samt angedeutetem funky Touch. Die im Kontext etwas absurden - dennoch perfekt harmonierenden - Lalalala-Chöre erinnern dabei dezent an Peter Murphy-Verzierungen.

Das noch unkonventionellere "Where'd Ya Go? Gone" macht den Groovesack hernach richtig fest zu. Dieser schwül-sumpfige sowie Schäferstündchen kompatible Gotenfunk sollte sogar Freunden von Slys "There's A Riot Going On" gefallen.

comdirect



Mittwoch, 27. Juli 2011

Portugal. the Man - In the Mountain in the Cloud

Unsere Wertung: ****
In the Mountain in the Cloud

Portugal the Man probierten viel aus in den letzten Jahren und Alben. Von Electro über 70's- rock, Progressive, Indi u.v.a. stapfen sie uns nun durch die kalte Arktis in unsere sensibel Alltags- Gaga- Brei geplagten Ohren um uns mit neuem Stoff zu versorgen. Das ganze ist bekannt und doch wieder anders. In gewisser Weise ist dies nicht der Nachfolger ihres sehr experimentellen "American Ghetto" sondern des Vorgängers "The Satanic Satanist". "In the Mountain in the cloud" setzt wieder mehr auf live eingespielte Drums, weniger Loops und einfach einen runden Live Sound gespickt mit mal mehr oder weniger synthetischen aber eingängigen und nicht so radikalen Mitteln, was bei den vorhandenen Könnern ihres Werks sehr erfrischend ist. Da ertönt ein wunderbar melodischer Aufbau am Anfang von "You carrie us all", "All your light" ist von den großartig Vocalspielerein getragen und geht ganz tief ins Ohr! Auch der Song "Floating" ist hervorzuheben. Entfaltet er doch ab der Mitte des Songs eine schöne Gospel- Characteristik, die nicht mehr aus dem Ohr geht. Musikalisch gesehen gibts so einige Höhepunkte auf diesem Album. Beim ersten Reinhören muss man der Mugge in einigen Momenten noch eine zweite Chance geben, damit es seine Kraft entfaltet! Ansonsten ein sehr rundes und unterhaltsames Stück Weiterentwicklung einer der interessantesten Bands der letzten Jahre.

comdirect