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Montag, 7. April 2008

Guilty Simpson - Ode to the Ghetto

Unsere Wertung: ****

Ode to the Ghetto

Guilty Simpson hat sich für sein Debütalbum aber Zeit gelassen - immerhin liegt Dillas Tod auch schon wieder mehr als zwei Jahre zurück. Und was noch mehr verwundert: Lediglich ein Beat legt auf "Ode To The Ghetto" Zeugnis von Dillas Genialität und Liebe zum Detail ab. Nun, wer im fast biblischen Alter von 31 Jahren sein Debütalbum präsentiert, macht unmissverständlich klar, dass er keine herkömmliche Karriere im schnelllebigen Rap-Geschäft anstrebt.

"Ode To The Ghetto" ist also die Essenz aus drei Jahrzehnten Lebenserfahrung in einer Umgebung, die in Sachen Lebensqualität kontinuierlich abgebaut hat: Detroit. Dort wich die einstige Motown-Harmonie der harschen Realität einer urbanen Krise. Die Auto-Industrie zog ab, die Arbeitslosigkeit und Kriminalität stieg - heute ist Detroit zu weiten Teilen eher urbanes Brach- als kulturelles Hochland, auch innerhalb des 8 Mile-Gürtels.

Dort wurde Guilty Simpson also sozialisiert, und von dort stammen die Geschichten, die der Rapper mit seiner schnodderigen Bass-Stimme erzählt. Im steten Fluss aus verbaler Aggression und wüsten Beschimpfungen gehen Battle- und Reality-Rap Hand in Hand. Klar ist das kein Thema für die breite Masse, aber Guilty Simpson bekommt seine Schecks ja auch nicht von Def Jam, sondern von der Indie-Institution Stones Throw aus Los Angeles.

Verkaufsargumente gibt es dennoch zur Genüge, denn allein die Hälfte der musikalischen Untermalung stammt vom Bruderpaar Jackson, das auch in Nicht-Rap-Kreisen bereits den einen oder anderen Musikliebhaber überzeugen konnte. Madlib, der ältere Jackson, zieht etwa zwei Überbleibsel seines "Beat Konducta In India"-Beatalbums aus dem Zylinder, bei denen er gewohnt grobkörnig Voice-Samples und Drum-Schnipsel zusammenwürfelt ("American Dream", "Pigs").

Ähnlich simpel kombiniert er Rock'n'Roll-Nummer und Schlagzeug auf "She Won't Stay At Home" - Grund genug für Guilty, nicht dem zu battlenden Kontrahenten, sondern der Damenwelt die lyrische Klatsche zu geben. Egal ob Madlib mit Quasi-Orchester deutlich opulenter zu Werke geht ("The Future") oder sich im Sample/Handclap-Schema an "Champion Sound"-Zeiten orientiert ("Yikes"), Guilty Simpson teilt mit unnachahmlicher Gleichgültigkeit aus, als würde er Ameisen mit der Schuhsohle zerquetschen.

Ähnlich läuft es auf den Beiträgen des jüngeren Jackson Oh No, der musikalisch einmal mehr seiner Videospiel-Obsession frönt ("Footwork") oder eine, wahrscheinlich beim großen Bruder stibitzte, Bollywood-Platte mit Drums versetzt ("Ode To The Ghetto"). In genau jenem Titeltrack erklärt Guilty dabei seine Umwelt und sich selbst deutlich: "Concrete jungle, the hood, the block. Late night shoot outs, the weed, the rocks. Evil cops, pimps, the whores. Drug wars, bloodshed galore. I traveled the world. Did this and that, been to so many places but still come back. My ode to the struggle."

Guilty Simpsons große Stärke ist seine Konsistenz. Es macht keinen Unterschied, ob er auf dreckigsten Mr. Porter-Beatmonstern ("Robbery" und "Getting Bitches") reitet oder zu Dillas vielschichtiger Soundcollage schunkelt ("I Must Love You"), Guilty Simpson traktiert das Mic mit seinem Einton-Flow ohne den Hauch einer Ablenkung. Dabei bewegt er sich so genial nahe der Grenze zur Langeweile, dass der Zuhörer keine Chance hat, sich von der Stimme zu lösen - die Personifizierung des Emcees, der seine Raps aus dem Ärmel schüttelt.

Besonders gut funktioniert das natürlich in Zusammenarbeit mit Sean Price, dem New Yorker Flow-Äquivalent, und Black Milk, dem offiziellen Dilla-Nachfolger aus der Heimat Detroit. Beim Track "Run" gibt sich das Trio vielversprechend motiviert hinsichtlich des angekündigten Kollaborationsalbums. So wie es aussieht, will sich Guilty Simpson also nicht noch einmal so lange Zeit lassen, bis man wieder etwas von ihm zu hören bekommt.

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