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Mittwoch, 28. November 2007

Cunninlynguists - Dirty Acres *****



Wenn in der Flut der mehr oder weniger langweiligen Veröffenlichungen die Begeisterung zu ersticken droht, man die Lust verliert und sich wiederholt bei trotzigen Sätzen der Kampfklasse "Ich besprech' keine Hip Hop-Platten mehr!" erwischt, dann wird es höchste Zeit. Dann braucht das Genre einen neuen Messias. Obwohl ... das Genre vielleicht nicht. Der Kritiker dafür um so dringender.
Nun, meine Gebete wurden erhört. Weihnachten wird vorgezogen. Es fällt auf den Tag, an dem ein Album der Cunninlynguists aus der Post purzelt. Eine starke Dreiviertelstunde später ist alles gut. Die Welt ist schön. Ich weiß es wieder: "As long as we breathe Hip Hop is gonna breathe with us."

Für "Never" hat sich das Trio aus Kentucky bei der Dungeon Family Big Rube ausgeborgt. Zu den Klängen eines Pianos bohrt sich seine Spoken Word-Poesie unter die Haut und manifestiert sich auf dem Weg in Herz und Hirn in einer einzigen Gänsehaut. "I'm in love with the artform. It still keeps my heart warm."

Entspannt breiten Deacon und Natti über Knos Produktionen ihre Gedanken aus und demonstrieren eine Selbstsicherheit, die auf Dicke-Hose-Gebaren getrost verzichten kann. "The MC's too dark, the producer too white" - die Lächerlichkeit solcher Engstirnigkeiten liegt auf der Hand. "Dirty Acres" passt ohnehin nicht in eine der gängigen Schubladen, dieses Album sprengt gleich den ganzen Schrank.

Mit "Wonderful" gelingt das Kunststück, eine genüssliche Abfeierei der holden Weiblichkeit zu zelebrieren, ohne in kitschige R'n'B-Klischees zu verfallen. Devin The Dude und ein wuppender Bass reichen zur Unterstützung vollkommen aus. Luftigen Sommersound genießt man am besten an der frischen Luft: "The Park" bietet Vogelgezwitscher und leichte Pianoläufe, die unter den kundigen Händen Chizuko Yoshihiros entstehen. Eine derartige Nummer im November zu veröffentlichen: im Grunde eine Frechheit.

"Summer's Gone", ganz genau! Fast schon dramatischer Gesang leitet einen Track ein, den die Melancholie der Vegänglichkeit durchweht. Kno setzt hier keineswegs auf eingängige Klänge: Gerade seine spröde Sperrigkeit lässt diesen Beat im Gedächtnis haften bleiben. Akustikgitarre und eindringliche Raps vertragen sich, beispielsweise in "Gun", ganz ausgezeichnet.

Unwirkliche, schwer fassbare Stimmung verbreitet "Dance For Me", bevor das erdigere "Georgia" unwiderruflich auf den lehmigen Boden der Tatsachen zurückführt. Bei aller Heimatverbundenheit verschließt hier niemand die Augen vor Bigotterie und anderen hässlichen Realitäten: "Do y'all have time to discuss God's grace if you're too busy to study the color of a face?" Und warum versteckt sich Kno eigentlich meist hinter den Reglern, wenn er doch am Mikrofon eine ebenso gute Figur macht?

Abgefahrene Reisen durch staubige Plattenkisten, Zeit und Raum führen schließlich zwar nicht nach Rom oder St. Tropez, aber doch immerhin nach "Mexico". Clever arrangierte Rhythmen und eine druckvolle Basslinie demonstrieren einmal mehr Facettenreichtum und Tiefe, die "Dirty Acres" als wahres Kaleidoskop, bestückt mit Samples und Ideen, auszeichnen.

Während viel zu viele Alben viel zu schnell ihren Reiz verlieren, scheint dieses mit jedem Durchlauf eine weitere Perspektive freizugeben. "Hip Hop is immortal / It survived many attacks and wars using / our minds eyes to portal / Folding the spaces between generations and races / So that we can come closer through the struggle / It's easy to move muscle, bone, skin and sinew / Movement of the mind is the type grind I'm into / So I kick the mental over sick instrumentals / Get respect with the pencil, never flex with the stencil."

Was sollte man dem noch hinzufügen?



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